Navigation auf dem Motorrad
- Ein Erfahrungsbericht

Der Ansatz über ein PDA basiertes GPS-Navigationsgerät

Wie im Kapitel Der Papierkrieg hatte ich mich 2006 dazu entschossen ein PDA basiertes GPS-Navigationsgerät anzuschaffen um meine Motorradtour-Planung und -Durchführung zu optimieren. Folgend nun meine Erfahrungen die ich zwischen 2006 und dem ableben des PDAs in 2008 gemacht habe.

Vom Tourenplan zum GPS Systems

Meine Wahl fiel, auch aus Kostengründen, auf einen Acer n35 PDA mit integriertem GPS. Die dazugehörige Destinator3 Navigationssoftware habe ich nur mal kurz angetestet und gleich verworfen. Dass man keine grenzüberschreitenden Kartenauschnitte generieren kann, war für mich das Ausschlusskriterium. Als Alternative benutze ich nun den Navigon Navigator 4.2, der beim Einsatz im Auto manchmal recht merkwürdig routet.

Ich habe mich aber nicht intensiv mit der Autoroutingfunktionalität auseinander gesetzt, weil für mich das Routen von vorab geplanten Touren im Vordergrund steht und das Autorouting nur als Notfalllösung bei Tourabbruch durch Schlechtwetter oder so zum Einsatz kommen sollte.

Um Motorradtouren zu planen und auf dem PDA geroutet zu bekommen, sieht meine Werkzeugkette wie folgt aus:

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Export der XML-Route

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Import der RTE-Datei

Die Kunst an der Sache ist es, im Tourenplaner ausreichend viele Zwischenstationen (Waypoints) zu setzen, damit die Tour auf dem PDA identisch zur Planung geroutet wird. Man muss sich da aber auch ein bisschen beschränken, da der PDA sehr viele Waypoints, wie zum Beispiel sämtliche Abzweigungen bei einer 300Km langen Überlandtour, nicht handhaben kann. Die Anzahl der Waypoints, die in die XML Datei eingeschrieben werden, lässt sich im Tourenplaner in der Routenbeschreibung über "nur Stationen", "wichtige Wegpunkte" oder "detallierte Liste" einstellen. Da diese dann von GPSWay-Script 1zu1 aus dem XML ins RTE Format überführt werden, hat sich für mich "nur Stationen" bewährt. Die Routingalgorythmen funktionieren für mich im Tourenplaner mit "aktuelles Fahrzeugprofil" auf "Motorrad mittel" mit "Streckenoptimierung 90% auf Zeit" gestellt und im Navigator PC-Tool die Routingoptionen "Schnelle Route" und "Autobahn vermeiden" aktiviert am besten zusammen. Man sollte nicht vergessen, auch auf dem PDA die selben Routingoptionen wie im PC-Tool einzustellen.

Die Zwischenstationen im Tourenplaner nie vor einen Abzweig setzen, da der PDA nach Erreichen einer Zwischenstation die Route zur nächsten Station berechnet. Da das ein paar Sekunden dauern kann, ist man am Abzweig vorbei, bevor die Ansage/Anzeige erfolgt. Deshalb die Stationen möglichst auf gerader Strecke, oder direkt nach Abzweigungen setzen. Eine gewisse Sorgfalt beim Setzen der Stationen ist sowieso angebracht, da die Navigon Software sehr stur auf das Überfahren der Waypoints beharrt. Ein Waypoint 10 Meter neben der Straße bedeutet grundsätzlich ein verzweifeltes Zurückrouten auf diese Zwischenstation. Nur das manuelle Entfernen der Station aus der Liste während der Fahrt behebt diese Eigenart, so dass der nächste Waypoint geroutet wird.

Nachtrag Mai 2007: Erkenntnisse mit dem MTP 2006/2007

Da nun der Nach-Nachfolger des Motorrad Tourenplaners 2003/04 im einstelligen Eurobereich bei den großen Motorradversandhäusern zu haben ist, haben mich der integrierte RTE-Export für PDA-Navis und die Höhenprofile des MTP 2006/07 doch zum Erwerb und zur Anwendung animiert.

Mit dem direkten RTE-Export ist der Umweg über die XML-Datei und meinem Perl-Script (GPSWay) nicht mehr nötig. So 100%ig überzeugt bin ich von dieser Funktion des Tourenplaners aber leider nicht. Um sicher zu stellen, daß das Navi auch so routet, wie vom MTP vorgesehen, werden nicht die Zwischenziele in die RTE-Datei eingeschrieben, sondern die Waypoints über einen nicht einstellbaren Algorithmus über die Route verteilt. Leider ist mein PDA, wie schon bei der ByW Tour erwähnt, nicht in der Lage, die schiere Anzahl der GPS-Koordinatenpärchen zu verarbeiten, die der Motorradtourenplaner für eine normale Tagesetappe von 300km bis 350km länge so generiert und exportiert. Es ist also doch wieder Handarbeit im Navigator PC-Tool von Nöten, um auf nicht mehr als 25 Waypoints zu reduzieren, ohne den Routenverlauf zu verändern. Es hat sich für die Tourplanung und -durchführung daher bewährt, die Tagesetappe in zwei RTE-Dateien aufzuteilen und um so viele Waypoints überlappen zu lassen, daß man die Mittagspause in diesen Bereich legen kann. So lässt sich während der Pause die Route bequem umladen. Die Höhenprofile sind aber ein wirklich nettes Gimmick. ;)

Klick mich

Hardware Mod an der RS

Die GPS Navigation am Motorrad

Nun waren noch die offenen Fragen der Befestigung und Stromversorgung am Motorrad zu klären. Da dem PDA bei aktiver GPS-Antenne nach weniger als 2 Stunden der Saft ausgeht, habe ich eine Kfz-Zubehör Zigarettenanzünderbuchse an meiner Triumph unter dem Sitz montiert. Der PDA wurde mit einem dafür passenden Stecker ausgeliefert. Die Motorradbordsteckdosen sind zu klein und mit Adaptern wollte ich nicht rumhantieren.

Leider ist es mir nicht gelungen, bei Benutzung des Tankrucksacks ein Plätzchen im Cockpit der Triumph zu finden, an dem ich den PDA per Halter befestigen kann. Entweder werden die Armaturen verdeckt oder der PDA behindert beim Lenken oder aber das PDA-Display ist nicht einsehbar. Also habe ich den PDA, wie von den Straßenkarten gewohnt, erstmal im Kartenfach des Tankrucksack platziert. Bei voll aufgedrehter Hintergrundbeleuchtung lässt sich das Display gerade noch so ablesen. Die Info, wann die nächste Abzweigung erfolgt (unten rechts auf dem Display), lässt sich sogar recht gut ablesen. Erstaunlicherweise liegt der Acer durch das mit dem Kartenfachreissverschluß fixierte Stromkabel ausreichend stabil, sodass er während der Fahrt nicht verrutscht. Daher bin ich bei dieser Methode verblieben. Schlechtwetterfahrten habe ich mit dem Navi noch nicht gemacht, aber mein Plan ist es, den PDA dann mit unter die Regenkombi zu nehmen und über Ohrstöpsel rein akustisch zu navigieren. Bei dem Gedanken mich mit dem Motorrad zu verkabeln ist mir nicht ganz so wohl, daher verzichte ich bei trockenem Wetter auf den Knopf im Ohr.

Was bringt die schöne neue digitale Welt

Alles in allem bin ich mit diesem Navigationssystem mehrere Touren so zwischen 150 und 250 Km am Stück sowohl von A nach B als auch im Kreis gefahren. Es funktioniert, wenn man die oben erwähnten Fallstricke beachtet, deutlich besser als die Papiernavigation. Man wird, auch wenn man sich mal beim Abbiegen vertut, auf den richtigen Weg zurückgeführt und die gesetzten Strecken werden so garantiert auch gefunden. Das ganze Prozedere mit PDA am Motorrad anschließen, einschalten, warten bis GPS synchronisiert hat und dann die Navigation anstarten ist reine Übungssache. Ich ziehe meine Jacke, Helm und Handschuhe an während sich das GPS aufsynchronisiert und schon sind wir beide gleichzeitig startbereit. Der zu spendierende Aufwand bei der Planung ist nicht viel kleiner geworden, da ich auf den Komfort eines richtigen Tourenplaners nicht verzichten will. Das Navigon PC-Tool ist mir persönlich für die Tourenplanung zu unkomfortabel. Mit der Zeit bekommt man aber auch ein besseres Gespür für das Setzen der wichtigen Waypoints und spart so einige Schleifen vom Tourenplaner zum PC-Tool ein, bis die Strecke bei beiden gleich ist.

Nachtrag Sep. 2006: Erkenntnisse aus der ByWald Tour 2006

Nach der praktischen Erprobung bei der BayrischenWaldTour 2006 hier noch ein Erkenntnisnachtrag. Es gab leider kleine Stabilitätsprobleme und Systemunzulänglichkeiten, die die positive Bilanz etwas trüben, aber nicht erschüttern können.

Die Stabilitätsprobleme des PDA lassen sich wohl auf das Tankrucksackkartenfachklima zurück führen. Es war wirklich recht heiß und der extern bestromte PDA hatte auch immer gut Temperatur. Ihn aus der Sonne zu nehmen wäre für die nächste heiße Tour ein Ansatz. Da das rein akustische Navigieren bei unkomplexen Kreuzungsverhältnissen so gut funktioniert hat, wurden meine Bedenken gegenüber der Verkabelung mit dem Motorrad drastisch ausgehöhlt und mit der Nutzung einer Klinkenverlängerung völlig ausgeräumt. Ich trage alte Stereo Ohrstöpsel (80er Jahre Walkman), die im Helm nicht drücken. Das Kabel wird unter der Lederjacke getragen und das ca. 10 cm lange Kabelende mit Klinke schaut zwischen Jacke und Hose heraus. Das Verlängerungskabel geht vom PDA im Tankrucksackkartenfach zum Übergang zwischen Tank und Sattel. Hier kommt die Verbindung während der Fahrt zu liegen. Falls man das Ausstöpseln vor dem Absteigen mal vergessen hat trennt sich die Verbindung zerstörungsfrei an der Klinke ab. Ohrstöpsel-Navigation kann ich daher nur empfehlen. Da bei komplexen Abzweigungen aber doch der eine oder andere Blick aufs Display lohnt, sollte man das Navi nicht völlig blind betreiben.

Der Komfort des wesentlich stressfreieren Navigierens im Vergleich zu den altbekannten Navi-Arten, überwiegt bei weitem den Ärger und Frust, wenn es mal ausfällt oder bei Wegsperrungen seine Grenzen erreicht. Wer bei einer Tour keine Zeit für ein Päuschen hie und da hat, um das Geraffel wieder in Gang zu bringen oder die Unzulänglichkeiten per Straßenkarte auszugleichen, soll auf die Rennstrecke. Eine gute Straßenkarte kann das System zwar während der Fahrt locker in den Tankrucksack verdrängen, aber nicht gänzlich ersetzen. Aber da das Kartenset für eine sorgfältige Planung sowieso benötig wird, ist das ja keine große Sache.

Für die Analytiker

Für so manch einen ist es interessant, die gefahrene Strecke zu analysieren. Sei es, dass die Durchschnittsgeschwindigkeit von Interesse ist, oder wie das Höhenprofil der gefahrenen Alpentour ausschaut. Der Navigator 4.2 erzeugt solche Daten aber nicht. Von Haus aus sind die Möglichkeiten dafür aber gegeben. Mit dem Tool MN4-GPSLogger lässt sich der Navigator dazu überreden, die NMEA-Strings der GPS-Antenne in ein Logfile zu schreiben. Da jede Sekunde ein Datensatz eingetragen wird, sollte man auf seinen Speicher im PDA achten. NMEA-Daten sind für das menschliche Auge nicht besonders aussagekräftig. Ich habe mir daher ein weiteres Perl-Script erstellt (TrackGPS), das diese Daten zur Weiterbearbeitung aufbereitet und ein bisschen Statistik (Vmax, Duchschnitt...) ausgibt. Der vom Script aufbereitete Track wird ins cvs-Format konvertiert und abgespeichert, welches sich mit jeder gängigen Tabellenkalkulation weiterbearbeiten lässt.